Abschrift: Gerhard Wöhner, Rostock, Februar 2005
Stralsund und Greifswald sind die pommerschen Städte, [für] die am frühesten Handelsbeziehungen zu Schottland nachweisbar sind. Schon im Anfang des 14. Jahrhunderts werden beide Städte als wichtige Handelsplätze und Einfuhrhäfen für schottische Waren benannt. [H. Riemann: Die Schotten in Pommern im 16.und 17.Jahrhundert und ihr Kampf mit den Zünften. Zeitschrift f. preuß. Gesch. und Landeskunde.Bd. III, S.517 ff.]. Vereinzelt mögen schottische Kaufleute sich schon damals und im 15. Jahrhundert in diesen Städten für kürzere und längere Zeit niedergelassen und Handel getrieben haben. Doch fehlt darüber sichere Kunde. Größere Mengen dieser Fremdlinge kamen jedenfalls erst im 16. Jahrhundert, nach und infolge der Reformation, ins Land und zwar jetzt nicht nur vorübergehend, sondern zu dauerndem Aufenthalt. Sie waren aus ihrem Vaterland geflohen, um den dauernden politischen und religiösen Wirren zu entgehen, die namentlich unter der Regierung Jakob V. und seiner Tochter Maria Stuart Schottland heimsuchten. Als Protestanten suchten sie Schutz und Zuflucht in religionsverwandten Ländern, besonders in Schweden, Preußen und Pommern. Daß sie in letzterem sich Städten zuwandten, mit denen ihr Heimatland durch langdauernde Handelsbeziehungen verbunden war, scheint weiter nicht verwunderlich. Tatsächlich lassen sich auch gerade in Stralsund und Greifswald während dieser Zeit weitaus die meisten Schotten nachweisen. Daß diese Gemeinden ihrer Niederlassung dort sowie der Erwerbung des Bürgerrechts, wenigstens zunächst, im Gegensatz zu anderen Städten keinen Widerstand entgegensetzten, mag als weiterer Anziehungspunkt für die Schotten dazugekommen sein. Freilich zahlen mußten sie auch hier für das Bürgerrecht erheblich, oft bis zu dem Zehnfachen des für Einheimische üblichen Satzes. In den Greifswalder Bürgerlisten findet sich der Zusatz "scotus" zum ersten Mal bei einem Namen im Jahr 1567. Es ist das ein Mann Namens Wilhelm Vorseide, der in Wirklichkeit Forsyth hieß. Schon aus dieser Eintragung kann man ersehen, in welcher Weise die schottischen Namen verändert und oft bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt wurden. Sie wurden eben rein nach dem Gehör niedergeschrieben und später durch den Volksmund in eine Form gebracht, die entweder einem schon vorkommenden Namen ähnelte oder einem Begriff entsprach, unter dem der gemeine Mann sich etwas vorstellen konnte. So wird aus Ankroft = Anker, aus Bruce = Brusse oder Prüsse, aus Duncan = Duncker, aus Fife = Pfeiffe, aus Erskine = Erske oder Esche, aus Jack = Schack, aus Lindsay = Linse usw [Th. A. Fischer, The Scots in Germany. Edinburgh 1902]. Auch willkürliche Namensänderungen von Seiten der Eingewanderten selbst wurden manchmal vorgenommen. So nannte sich Alexander Hepburn, ein Bruder des James Hepburn Graf von Bothwell, des Gemahls der Maria Stuart, in Stargard, wo er sich 1582 niederließ, Hebron. Die Mitglieder einer schottischen Familie Herkeß verwandelten ihren Namen in Herkleß und zuletzt in Herkules. Man sieht also, ganz ungeheuerliche, grotesk anmutende Umwandlungen der Namen kamen vor, so daß es oft sehr schwer, wenn nicht unmöglich ist, aus dem Namen allein auf die schottische Abstammung zu schließen. Dazu kommt, daß eine Reihe von Namen bei beiden Völkern gleich oder sehr ähnlich lautet, z.B. Müller - Miller, Schmidt - Smith u.a.
Aber auch schon vor 1567 finden sich in der Bürgerliste Namen ohne den Zusatz "Schotte" oder "scotus", deren Träger unzweifelhaft Schotten gewesen sind oder deren schottische Herkunft aus anderen Quellen bezeugt ist. Wieder andere, sogar solche die in Greifswald eine gewisse Rolle spielten, sind garnicht Bürger geworden.
Als sichere Schotten lassen sich aus den Bürgerlisten und aus anderen Quellen folgende feststellen:
Die vorgenannten Jahreszahlen bedeuten das erste Auftreten der Genannten, die in Klammern beigefügten Namen die richtigen schottischen Namen
1577 Richard Alm (Allan)Das sind bis zum Jahre 1600
ungefähr 40 Schotten, die dauernd in Greifswald mit ihren
Familien lebten. Sie waren damals fast ausschließlich Krämer
oder auch Kaufleute und handelten mit den verschiedensten
Dingen, mit kostbaren Stoffen wie Seide, Sammet, guten Tuchen,
mit Gewürzen, schottischem Salz, mit Metallen, Fellen, Federn
usw. meist im Kleinhandel, einige aber auch im Großhandel. Oft
beginnen sie ihre Laufbahn als Hausierer, die mit einem
Wägelchen von Dorf zu Dorf ziehen. Durch ihre Abstammung, ihre
fremde Sprache und durch ihre Religion (Calvinisten) waren sie
auf einander angewiesen und hielten an sich schon zusammen. Um
diesen Zusammenschluß noch fester zu gestalten, gründeten die
Schotten in Greifswald im Jahre 1590 eine schottische Kompagnie
[H.
Riemann: Die Schotten in Pommern im 16.und 17.Jahrhundert
und ihr Kampf mit den Zünften. Zeitschrift f. preuß. Gesch.
und Landeskunde. Bd. III, S. 517 ff] oder
Societät. Die Gründer dieser waren: David Gipson, Hans
Levensthon, Ramsay, Hans Witton und Thomas Murray.
Der
Zweck sollte ein doppelter sein: "Unterhaltung eines guten
Vertrauens unter denen von schottischen Geblüt und Abkunft",
sowie Sammlung eines Kapitals, von dessen Zinsen "Kirchen,
Armenhäusern, und anderen piis
locis milde Gaben gegeben werden sollen". Welches war
aber nun der eigentliche Zweck dieser Gründung?
Die Schotten sagten zwar in ihrer Gründungsurkunde:
"Gott zu Ehren, dessen Kirche und armen notleidenden
Leuten zum Besten". Ich bezweifle nicht, daß sie dieses
Vorhaben auch ausgeführt haben, denn die Äußerungen
ihrer Wohltätigkeit sind durch mehrere Schenkungen an
Kirchen usw. bezeugt. Aber darum allein hätte es nicht
der großartigen Gründung einer Gesellschaft bedurft. Der
eigentliche Grund lag auf wirtschaftlichem Gebiet. Kampf
mit den einheimischen Kaufleuten und Behörden stand
ihnen bevor, das wußten sie aus langen, bitteren
Erfahrungen ihrer Landsleute in anderen Städten und
Ländern. Es galt, rechtzeitig alle Kräfte
zusammenzufassen, um mit größerer Macht und mehr
Aussicht auf Erfolg Widerstand leisten zu können und
dadurch die soziale und wirtschaftliche Stellung der
Schotten in Greifswald sowie in ganz Pommern zu sichern.
Das erhaltene urkundliche Material ist äußerst gering.
Wir besitzen keine Rolle, keine Mitgliederlisten etc.
Aber ich halte es nach Analogie der Verhältnisse in
Preußen, wo die "societas
gentis scoticae" zu Danzig in drei "fraternitates" geteilt war, die ihre Sitze weit
von einander entfernt hatten, [Th.
A. Fischer: The Scots in Germany,
Edinburgh 1902] für
sehr
wahrscheinlich, daß auch die schottische
Kompagnie zu Greifswald nicht nur die
dortigen Schotten zu ihren Mitgliedern
zählte, sondern auch die der benachbarten
Städte, ja vielleicht sogar die von ganz
Vorpommern. Denn auch dort saßen überall
Schotten, allerdings in geringerer Zahl
(abgesehen von Stralsund). Und diese waren
mit den Greifswaldern durch geschäftliche
und familiäre Beziehungen verbunden, so
die in Stralsund, Wolgast, Demmin und
Anklam. [Bethe:
Schotten in Anklam, Anklamer
Heimat-Kalender 1931, S.42 ff] Da viele von den Schotten
wohlhabend waren, so ergab dieser
Zusammenschluß in einer Kompagnie eine
Macht, die nicht nur durch die Zahl,
sondern auch durch die Geldmittel, die
ihr zur Verfügung standen, ein nicht
zu verachtender Gegner war.
Sehr bald
schon nach ihrer Gründung hatte die
schottische Kompagnie Gelegenheit,
ihre Kraft zu zeigen. Das
Bürgerrecht hatte man den
eingewanderten Schotten nicht
verweigert wie in vielen Städten
Pommerns. Jetzt sperrte man ihnen
den Eintritt in die Kramerkompagnie
und erst recht natürlich in die
Kaufmannsgilde. "Schotten und
Schottenkinder sollen der
Kramerkompagnie nicht würdig sein!
so steht in unserer Rolle" sagten
die Greifswalder und nahmen die
Schotten nicht auf, selbst die nicht
bereits Bürger gewordenen. Sie
beharrten bei ihrem Standpunkt, auch
behördlichen Schlichtungsversuchen
gegenüber. Bei der großen Bedeutung,
welche die Zugehörigkeit zu dieser
Kompagnie im Hinblick auf die
kaufmännischen Geschäfte und die
soziale Stellung der Schotten hatte,
entschloß sich die schottische
Gesellschaft, die Sache
durchzukämpfen und zur Entscheidung
zu bringen. Offenbar in ihrem
Auftrage und mit ihren Geldmitteln
strengte der schottische Krämer
Zander Barklay in seinem
Namen einen Prozeß an, führte ihn
durch alle Instanzen durch und
brachte ihn sogar bis vor das
Reichskammergericht in Wetzlar.
Zunächst 1591 vor dem Niedergericht
in Greifswald beginnend, zog sich
dieser Prozeß ein Jahrzehnt hin,
gelangte 1601 vor das
Reichskammergericht und war Ende
1602 noch nicht beendet. Ein
stattlicher Folioband [Akten des
Reichskammergerichts zu Wetzlar.
G. No. 79/3282. St.-A. Stettin] enthält
zahllose Zeugenverhöre,
Briefwechsel mit anderen
Städten, Schriftsätze von
Advokaten, Dupliken und Repliken
usw. - aber leider keine
richterliche Entscheidung. Mit
Leidenschaft werfen die Schotten
immer wieder die Frage auf, "ob
denn die Schotten Nation und
Geburt halber unehrlicher Leute,
Schelmen und Buben seien, welche
in ehrlicher Gesellschaft nicht
zu dulden seien ? Ob nicht die
schottische Nation ebenso
ehrlich sei wie die deutsche?"
Der Richterspruch der letzten
Instanz fehlt wie gesagt.
Vermutlich werden die Schotten
doch Recht bekommen haben. Denn
da sie als Bürger aufgenommen
und vereidigt waren, so konnte
man ihnen auf die Dauer
die Aufnahme in die Zünfte,
Kompagnien und Gilden nicht
verweigern, selbst nicht mit der
Motivierung, daß die
Mitgliedschaft nur "Angehörigen
deutscher Nation" zu Teil werden
dürfe. Denn bei manchen
Gelegenheiten betrachtete man
diese eingebürgerten Fremdlinge
doch als Deutsche, besonders
wenn es sich um das Bezahlen
handelte. So wurde z.B. von
allen in Greifswald wohnenden
Schotten die "Türkensteuer" 1593
und 1596 erhoben. [Ratsarchiv
Greifswald. Memorab. Buch 59
und 60] Tatsächlich
ist
es in aber in Pommern auch
später noch oft vorgekommen,
daß erst den in Deutschland
geborenen Söhnen, die man
also dann als "Angehörige
deutscher Nation"
betrachtete, das gewährt
wurde, was man den Vätern
verweigert hatte.
Die
schottische Kompagnie war
zunftartig organisiert und
wurde von Alterleuten
geleitet. Ihre Satzungen
sind nicht erhalten.
Vermutlich sind sie den
noch vorhandenen der "societas
gentis scoticae" in
Preußen, die 1616 in
Danzig aufgestellt
wurden, ähnlich
gewesen. In diesen,
die 14 Titel mit 80
Nummern enthalten
(in lateinischer
Sprache), wird das
Verhalten der
einzelnen Mitglieder
zu einander und zu
der einheimischen
Bevölkerung genau
vorgeschrieben. Auf
Ehrlichkeit in
Handel und Wandel
und auf ein
gesittetes, ehrbares
Verhalten wird
großer Wert gelegt
und die Übertretung
gerade dieser
Vorschriften unter
hohe Strafe
gestellt. Die Leiter
wurden "seniores" genannt,
also
Altmänner. [Th. A. Fischer:
The Scots in
Western- and
Eastern-Prussia.
Edinburgh].
Die
ersten
Alterleute in
Greifswald
waren die
Gründer David
Gipson und
Hans Levesthon
[Msc.
K. K. K. VI.
86.
Greifswalder
Urkunden.
St.-Arch.
Stettin].
Über die
späteren ist
wenig bekannt.
Aber eine
Urkunde vom
Montag nach
Estomihi 1615
(dies war der
Tag der
jährlichen
Hauptversammlung
nach den
Satzungen)
wird von Hans
Leuesten und
Wolter
Eslyn unterzeichnet.
Diese
waren also
damals die
Altermänner.
Mit
dieser Urkunde
verpflichtet
sich die
schottische
Kompagnie,
"daß die
Stadtschule
allhie zu
Greifswald zur
aufhaltung
ihrer Bawet
jerlich mit 6
mark sundisch
verehrt und
begawet werden
solle". Also
wieder ein Akt
der
Wohltätigkeit!
Die letzten
Altermänner
waren Prof.
Johann Pommeresch
und Thomas
Murray
im Jahr 1676.
Ersterer war
ein
Halbschotte,
als Sohn des
Advokaten
Heinrich P.
und der
Emerentia Levesthon
in Wolgast
geboren.
Solcher
Halbschotten,
die Mitglieder
der
Gesellschaft
waren, gab es
noch mehrere.
Einer der
einflußreichsten
war Prof. Dr.
med. Johann Schöner.
Er war in
Edinburgh am
11. 7. 1597
geboren als
Sohn des
Leibarztes der
Königin von
England und
Schottland Dr.
med. Martin Sch.
(aus Thüringen
stammend) und
der Lukretia Bethon.
Er kam 1619
nach
Greifswald,
promovierte
dort und
heiratete 1622
Katharina Erskin,
Tochter
des
dortigen
schottischen
Kaufmanns
Walter Erskin.
Schöner
starb zu
Stralsund
19.4.1657.
Ohne Zweifel
gehörten
sämtliche in
Greifswald
wohnende
Schotten der
Kompagnie an,
und ebenso
sicher ist es,
daß auch die
Neuankömmlinge
ihr beitraten.
Lag es doch in
ihrem
eigensten
Interesse,
unter den
Schutz dieser
so mächtigen
und
einflußreichen
Gesellschaft
zu kommen.
Denn daß die
Mitglieder der
Kompagnie sich
gegenseitig
unterstützten,
die neu
ankommenden
Landleute,
wenn sie arm
waren, mit
Geld versahen
und ihnen in
der fremden
Umgebung die
Wege ebneten,
scheint
unzweifelhaft.
Auch den
Behörden
gegenüber, die
den Schotten
scharf auf die
Finger sahen
und jede
Übertretung
der
gesetzlichen
Bestimmungen
mit schweren
Strafen
ahndeten, nahm
die Kompagnie
ihre
Mitglieder und
auch die nur
vorübergehend
in Greifswald
anwesenden
Schotten in
Schutz. Wie
tatkräftig das
geschah, zeigt
folgender
Vorgang: 1624
werden sechs,
allem Anschein
nach nicht
dort wohnende
Schotten,
Klaus Petersen,
Klaus Adriansen,
Siverdt Siuertsen,
Harten und
Klaus Sifert
und
Heinrich Laurentz
in Greifswald
"in
bestrickung
genommen". Sie
hatten dort
Federn
aufgekauft,
angeblich um
diese Ware "in
frembde örter"
zu
exportieren,
"welches den
fürstlichen
Edikten
zuwider
läufft". Aber
schon sehr
bald setzt
sich ein
gewisser Herr
Abraham van
Tongerlo
sehr lebhaft
für die
Gefangenen
ein, indem er
nachweist, daß
diese ganz
unschuldig
seien und
daher sogleich
aus dem
Gefängnis
entlassen
werden müßten.
[Wolgaster
Archiv, Tit.
71 No .14.
St.-Arch.Stettin].
Ob
das wirklich
geschehen ist,
darüber besagt
die Akte
nichts. Aber
schon der
Umstand, daß
ein
anscheinend
hochmögender
Herr so bald
und so
energisch für
diese sicher
armen und
ortsfremden
Leute Partei
ergreift, läßt
darauf
schließen, daß
er in höherem
Auftrage,
nämlich in dem
der
schottischen
Kompagnie
gehandelt hat.
So nahm die
Kompagnie zu
an Mitgliedern
und
Wohlhabenheit.
1623 erreichte
sie ihre
höchste Blüte.
Sie war damals
in der Lage,
ein eigenes
Haus in der
Fischstraße zu
erwerben. Am
20.11.1623
kauft Wolter Eschen
(Erskin) das
"Wohnhaus der
Wittwe Hans Langen,
bei Hans Zintzowen
gelegen mit
dem Braugerät
und vier
Morgen Ackers
und einem
Garten". Der
Käufer "hat
bei dem
Bürgermeister
auf dem
Rathaus
deponiert in
einer
versigelten
Buddel bahr
600 Gulden in
Reichsthalern,
jeden zu 2 fl.
gerechnet und
10 Gulden und
15 Schilling
Lubsch an
Renten und
etlichem
wenigen
kleinen Gelde.
Ist gezählt
und richtig
befunden" [Ratsarchiv
Greifswald,
Memorab. Buch
17. Stadtbuch.
Teil IV.]. Es
blieb aber
noch eine
Schuld von 700
Gulden. Die
Hoffnung der
Schotten,
diese Schuld
bald abtragen
zu können,
wurde durch
die
Kriegswirren
vereitelt. Die
Besetzung der
Stadt mit
kaiserlichen
Truppen
ruinierte
diese, Handel
und Wandel
stockten, die
Einkünfte der
einzelnen
Bürger und
auch die der
schottischen
Kompagnie
erlitten
erhebliche
Einbuße. Auch
der Zuzug aus
Schottland
hörte ganz
auf. Das war
der Anfang vom
Ende.
Anschaulich
wird in der
letzten
Urkunde bei
der Auflösung
der Kompagnie
die weitere
Entwicklung
geschildert [Msc.
K. K. K. VI 86
Greifswalder
Urkunden,
St.-Arch.
Stettin]. Es
wurde "das
Haus mit
einquartierung
beleget und
sehr ruiniert,
auch die
Häuser von
beiden seiten
gäntzlich
hinuntergerissen,
dadurch
solches sehr
geschwächet,
und haben also
nicht allein
die darauf
Haftenden
unbezahlten
Capitalia
nicht abgelegt
werden können
und die Zinsen
aufgeschwollen,
sondern auch
die übrig
gebliebenen
Membra zur
reparation des
ruinierten
Hauses Mittel
auffbringen
müssen. Und ob
zwar nach dem
von Gott
erlangten
deutschen
Frieden jetzt
gedachte
übrige wenige
membra dieser
Societät und
unter diesen
insonderheit
Herr Dr.
Johannes Schönerus
Medicinae
Professor auf
hiesiger
Universität
und berühmter
Practicus, in
Anno 1650 sich
höchst
angelegen seyn
lassen, dieses
durch die
Kriegeszeiten
und tötlichen
Hintritt der
vorigen
Glieder in
Abnehmen
geratenes
Collegium
wieder
aufzurichten,
dahero wir
obgenannte
beyderseits
auff dessen
ansuchen
membra
desselben
geworden, auch
der weyland
Wohlgeborene
Hr. Hr.
Alexander Freyherr
von Erskin,
Ihro
Königliche
Majestät zu
Schweden
Hochverordneter
Kriegs- und
Hoffgerichts-Präsident,
als ein
allschon in
Anno 1617
gewordenes
Mitglied
dieser
Societät, zur
Abzahlung der
darauff
haftenden
Schulden 100
Rtlr.mildiglich
in Anno 1652
dazu verehret,
Ich, Dr. Joh.
Pommeresch
auch im
vorigen Jahr
das Haus in
jährige Miete
genommen und
darauf in Anno
1656 die
Wittingschen
Erben, welche
ein Capital
von 400 Gulden
samt fast ad
alterum
aufgeschwollenen
Zinsen darauß
zu fordern
gehabt, durch
einen Vorschuß
contentieret,
übrige
Creditores
auch bezahlet,
es also von
Schulden,
außer daß 100
Gulden auß
einem Legato
von Sehl.
David Brüssen
darauf
frey gemachet,
Ich, Thomas Murray,
auch zur
Reparation der
Mauer ein
Ansehnliches
angeleihet,
und wir
beyderseits
die Hoffnung
gehabt, es
würde nunmehro
auß der
jährlichen
Miete des
Hauses solche
noch übrige
Schuld
abgetragen
werden und
also denen
piis locis ein
gewisses
zufließen
können,
bevorab da
E.E.
Hochweiser
Rath solches
durch ein
Decretum vom
11.April 1634
von der
Einquartierung
und
bürgerlichen
aufflagen
eximierte, so
ist doch
solcher Zweck
nicht zu
erhalten
gewesen."
Kurz
und gut, die
Kompagnie sah
sich 1676
gezwungen, ihr
Haus in der
Fischstraße,
mit dem
Ackergrundstück
und allem
Zubehör zu
verkaufen. Der
Käufer war
Peter Schimmelpfennig,
der das
Haus für 600
Gulden
erstand. Diese
Summe wurde
der
Marienkirche,
die der Hilfe
und
Unterstützung
am meisten
bedürftig
erschien, mit
gewissen
Verpflichtungen
überwiesen.
Gleichzeitig
löste sich die
Schottische
Kompagnie auf.
Ihr Bestehen
war zwecklos
geworden. Der
Zuzug der
Schotten nach
Greifswald,
wie überhaupt
nach Pommern
hatte schon
längst völlig
aufgehört, die
wenigen noch
in der Stadt
befindlichen
schottischen
Familien waren
allmählich in
der
einheimischen
Bevölkerung
aufgegangen
und hatten
ihre
schottische
Abstammung
zwar nicht
vergessen,
legten aber
keinen
besonderen
Wert mehr auf
dieselbe. Sie,
die sich noch
1615 mit einem
gewissen Stolz
als Mitglieder
"ehrlicher (=
ehrliebender)
schottischer
Nation"
bezeichnet
hatten, einer
gewissen
Vornehmheit
nicht
ermangelten
und ihre
Frauen fast
stets unter
ihren
Landleuten
gewählt
hatten, hatten
später, schon
aus
wohlverstandenem
eigenen
Interesse,
diesen
Standpunkt
aufgegeben und
Töchter
Greifswalder
Bürger, mit
Vorliebe aus
den
wohlhabenden
und
ratsfähigen
Familien,
geheiratet.
Durch diese
weise Politik
kam ein Teil
dieser
Fremdlinge in
den Rat oder
in andere
einflußreiche
Stellungen.
Die
Halbschotten
Dr. Pommeresch
und Dr. Schöner
wurden
schon genannt.
Andere waren
Angehörige der
Familien Erskine,
besonders in
der Person des
seiner Zeit
berühmten
schwedischen
Staatsrats
Alex. Erskine
(1593-1656),
der Familien Murray,
Witton und
Herkules, die
noch
bis über die
Mitte des
18.Jahrhunderts
hinaus zu den
Ratsmitgliedern
von Greifswald
und Stralsund
gehörten.
Beigetragen
hat zu diesem
vielfach zu
beobachtenden
sozialen
Aufstieg der
Schotten in
ganz Pommern
vielleicht der
Umstand, daß
diese
schottischen
Einwanderer
zum Teil
Sprößlinge
reicher,
alteingesessener
Adelsfamilien
waren. Aus so
mancher ihren
Leichenpredigten
beigefügten
Ahnentafel
läßt sich das
nachweisen.
Die Gründe für
die
Auswanderung
der
Abkömmlinge
schottischer
Adelsgeschlechter
lagen nicht
nur auf
politischem
und
religiösem,
sondern auch
auf
wirtschaftlichem
Gebiet. Denn
in dem an sich
armen und in
den schmalen
fruchtbaren
Küstengebieten
übervölkerten
Schottland
wurde in den
begüterten
Adelsfamilien
das
Erstgeburtsrecht
mit äußerster
Strenge
durchgeführt.
Nur der
älteste Sohn
erbte den
gesamten
Besitz, die
übrigen Söhne
gingen leer
aus und waren
gezwungen,
Offiziere in
fremden Heeren
oder Kaufleute
in fremden
Ländern zu
werden. Hier
mußten
allerdings
letztere die
ihnen
gewohnten
Ansprüche
stark
herabsetzen,
aber durch die
Tüchtigkeit,
Nüchternheit,
Sparsamkeit
und ihren
ausgesprochenen
Geschäftssinn
gelang es
ihnen
verhältnismäßig
oft, in
ziemlich
kurzer Zeit zu
wohlhabenden
Bürgern zu
werden. Daß
sie ihre
erworbenen
Gelder nicht
schlecht
verwendeten,
vielmehr
Gemeinsinn
bekundeten und
Wohltätigkeit
in einem für
damalige
Zeiten
auffallenden
Maße übten,
dafür ist
gerade ihr
Zusammenschluß
in der
schottischen
Kompagnie, die
besonders den
Armen und
Bedürftigen
der Stadt
helfen wollte
und auch
geholfen hat,
ein voller
Beweis. Die
schottische
Kompagnie ist,
wie ein Autor
des 19.
Jahrhunderts
besonders
hervorhebt,
ein Segen für
die Stadt
Greifswald
geworden.
Die
einst in
Greifswald
blühenden
zahlreichen
schottischen
Geschlechter
haben, mit den
genannten vier
Ausnahmen, den
30jährigen
Krieg nicht
überdauert.
Die meisten
von ihnen sind
überhaupt wohl
ausgestorben,
sicher unter
ihrem
eigentlichen
Namen. Aber
ich bin
überzeugt, daß
ein nicht
geringer Teil
der heute noch
unter uns
lebenden
Familien mit
den Namen Anker,
Dunker,
Eschen, und
Eske,
Linse, Möring,
Persohn,
Rubbert,
Witte, Zander,
um nur
einige zu
nennen,
ursprünglich
aus Schottland
stammt und
auch
schottisches
Blut in seinen
Adern rinnen
hat, ohne
freilich eine
Ahnung davon
zu haben. Das
im Einzelfall
nachzuweisen,
wäre eine
interessante
und auch
lohnende
Arbeit.
Bereitgestellt von: Studienstelle Ostdeutsche Genealogie (insbes. Pommern und Pommerellen) E-mail: arrendator@studienstelleog.de web-site:http://www.studienstelleog.de
der vorm. Forschungsstelle Ostmitteleuropa an der Universität Dortmund
© Klaus-Dieter Kreplin, Am Südhang 14, D-58313 Herdecke 2001-2005